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Malena Dolff Gonzalez - Feb 9, 2023

Die Debatte um medizinisches Cannabis in den sozialen Medien in Deutschland: Einblicke in Verbraucherverhalten & Trends

Die Legalisierung von Cannabis für den Eigengebrauch ist seit dem Amtsantritt der Ampelkoalition im Dezember 2021 ein zentrales Versprechen der deutschen Regierung und war ein wichtiges Thema in den Online-Debatten in Deutschland.

 

In Deutschland ist der private Cannabiskonsum gesetzlich nicht verboten, da das allgemeine Verbot aller Handlungen im Zusammenhang mit Drogen (Besitz, Verkauf, Anbau usw.) den Konsum nicht mit einschließt. In den meisten Bundesländern liegt die Schwelle für den Besitz von Cannabis bei 6 Gramm, in Berlin sind es 15 Gramm.1

 

Der im November 2021 von den Regierungsparteien SPD, Die Grünen und FDP unterzeichnete Koalitionsvertrag sieht die "kontrollierte Abgabe von Freizeit-Cannabis an Erwachsene in lizenzierten Betrieben" vor. Gesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach (SPD) stellte Ende Oktober 2022 das sogenannte “Eckpunktepapier” der Bundesregierung in der Bundespressekonferenz vor. Dieses sieht die Reformierung des Cannabis-Konsums unter gesundheitlichen Aspekten vor. Des Weiteren soll 2023 ein entsprechender  Gesetzesentwurf in Kraft treten.2

 

Ob jedoch überhaupt ein formeller Gesetzesentwurf vorgelegt wird, liegt derzeit in den Händen der Europäischen Kommission, da unklar bleibt, ob die Pläne der Regierung mit dem EU-Recht vereinbar sind. Die EU als Ganzes hat mehrere internationale Abkommen unterzeichnet, in denen sich die Vertragspartner verpflichten, kommerzielle Aktivitäten im Zusammenhang mit Drogen, einschließlich Cannabis, außerhalb der medizinischen oder wissenschaftlichen Verwendung zu verhindern. Es gibt jedoch keine Präzedenzfälle dafür, ob ein Mitgliedstaat Cannabis für den Eigengebrauch legalisieren und dabei das EU-Recht einhalten kann.

 

 

Medizinische Verwendungen von Cannabisprodukten

Das Geschäft mit Arzneimitteln, welche aus Cannabis gewonnene Substanzen enthalten, hat sich in Europa in den letzten Jahren stark entwickelt. Der weltweite Markt für medizinisches Cannabis expandiert schnell (36% durchschnittliche jährliche Wachstumsrate/CAGR 2017-2024), wobei Deutschland das führende Land ist (49,5 % CAGR).3

 

Man unterscheidet zwischen "medizinischem Cannabis" und "Arzneimitteln auf Cannabisbasis". Letztere hat, wie alle Arzneimittel, klinische Studien durchlaufen und wurden von den zuständigen Regulierungsbehörden bewertet, um eine Zulassung zu erhalten. Nur Arzneimittel auf Cannabisbasis sollten für eine sichere und kontrollierte medizinische Verwendung in Betracht gezogen werden, heißt es in der Entscheidung des Parlaments.

 

Zugelassene medizinische Verwendungen von Cannabisprodukten in der EU

Bislang wurde nur ein Produkt auf Cannabinoidbasis mit dem Handelsnamen Epidyolex (das 10 % CBD, einen der wichtigsten Wirkstoffe von Cannabis, enthält) von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) im Jahr 2019 für die Behandlung von hartnäckiger Epilepsie bei Kindern zugelassen und erhielt 2014 den Status eines Arzneimittels für seltene Leiden. Andere Arzneimittel, die andere Arten von Cannabinoiden enthalten, wurden im Rahmen des Verfahrens der gegenseitigen Anerkennung oder auf nationaler Ebene zugelassen.4

 

Der rechtliche Rahmen in Deutschland

Eines der ersten europäischen Länder, das in medizinisches Cannabis investiert hat, ist Deutschland, wo der Anbau ausschließlich für medizinische Zwecke erlaubt ist. Eine gezielte Cannabisagentur wurde 2017 als Teil der hiesigen Regulierungsbehörde Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) geschaffen, parallel zum Inkrafttreten des Gesetzes über Cannabis als Medizin. Die Agentur hat in einem Ausschreibungsverfahren drei Unternehmen ausgewählt, die in Deutschland Cannabis anbauen dürfen (Aphria RX GmbH, Aurora Produktions GmbH und Demecan GmbH), für eine Gesamtproduktion von ca. 2600 kg pro Jahr.5

 

Die Debatte um die Legalisierung von Cannabis

Die Legalisierungsdebatte erreichte ihren Höhepunkt im deutschen Raum im Laufe des Oktobers 2021 mit ungefähr 67.000 Erwähnungen. Insgesamt wurden mit diesen Erwähnungen 9 Millionen Menschen erreicht und 156.000 Internetnutzer haben an der Debatte teilgenommen. Die Debatte wurde mehrheitlich von Nutzer:innen angeregt, die sich für die Legalisierung aussprechen und welche die Vorteile einer solchen Entscheidung voranbringen.

 

Zwischen Befürwortern und Gegnern herrscht kein Konsens bezüglich der gesundheitlichen Vorteile von Cannabis: 

Cannabis Debatte

Medizinisches Cannabis in Deutschland

Die Hersteller von Arzneimitteln auf Cannabisbasis

Die drei Unternehmen, die eine Anbauzulassung bekommen haben, teilen sich über 70% des gesamten Share of Voice. Die “Cannabisagentur” des BfArM hat im April und Mai 2019 den Zuschlag für Anbau, Ernte und Verarbeitung von Cannabis zu medizinischen Zwecken über insgesamt 10.400 kg für vier Jahre erteilt. 

Gewonnen wurde die Ausschreibung von den Firmen Aphria RX, Aurora Produktions und Demecan. Diese sind auch die am meisten genannten Firmen auf digitalen Quellen, wie das Diagramm zeigt. Die Anzahl an Erwähnungen bleibt dennoch insgesamt gering.

 

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Trends beim Verbrauch von Cannabis

Welche Themen werden diskutiert?

Um zu analysieren, welche Themen derzeit am meisten im Zusammenhang mit Cannabis genannt werden, wurden Online-Daten zwischen dem  15. Oktober 2022 und 20. Dezember 2022 ausgewertet. 

 

Top-Themen sind dabei vor allem:

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  1. Cannabis-Legalisierung
  2. Cannabis-Synonyme

 

Insbesondere bei der Debatte um die Legalisierung wird auch der deutschen Politik eine tragende Rolle zuteil. Die Ampelkoalition hat sich bereits zum Amtsantritt 2021 für eine Entkriminalisierung der Droge ausgesprochen, doch ist der bisherige Stichtag bereits verstrichen. Cannabis wird zudem auch vermehrt mit dem Wort “Alkohol” in Verbindung gebracht, da Alkohol von vielen Menschen als gefährlicher und schädlicher als Cannabis angesehen wird.

 

Benutzergenerierte Inhalte

Was sind die Top-trending-Posts in Bezug auf den Gebrauch von Cannabis?

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Eines der Top-Bilder im Zusammenhang mit Cannabis wurde im Oktober 2022 auf dem Instagram-Kanal der Tagesschau (@tagesschau) veröffentlicht und konnte mehr als 380.000 Likes und 165.000 Kommentare generieren.

Thema des Posts ist die Cannabis-Legalisierung.

 

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Ein weiterer, sehr populärer Post stammt erneut von einem Nachrichtensender. ZDF Heute (@zdfheute) veröffentlichte ebenfalls einen informativen Post zum Thema Cannabis-Legalisierung in Deutschland und führte genauso wie die Tagesschau die Eckpunkte aus der Politik auf.

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Auf welchen Kanälen wurde diskutiert?

Der Kanal, auf dem am meisten diskutiert wird, ist mit 82 Prozent eindeutig Twitter. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass diese Plattform  hauptsächlich auf der Verbreitung von Kommentaren und Kurznachrichten basiert und sich die User gerne mit ihren Tweets an diversen Debatten und Diskussionen beteiligen. 

 

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Wer diskutiert?

Ranking der 5 Top-Quellen beim Thema Cannabis in Deutschland:

  1. Tagesschau
  2. Der Spiegel
  3. Die Zeit online
  4. BILD
  5. Der Spiegel Eilmeldungen

 

Zusammenfassung

Deutschland ist eines der ersten europäischen Länder, das in medizinisches Cannabis investiert hat.1 Der Anbau der Pflanze und die Anschaffung deren Produkte sind allerdings noch heutzutage ausschließlich für medizinische Zwecke und in streng regulierten Fällen erlaubt. Die allgemeinere Legalisierung von Cannabis  für den Eigengebrauch außerhalb dieses strengen Rahmens ist seit dem Amtsantritt der Ampelkoalition im Dezember 2021 ein zentrales Versprechen der deutschen Regierung. Die Debatte um dieses Versprechens gehört 2021 und 2022 zu den Hauptthemen auf sozialen Netzwerken im deutschsprachigen Raum.

 

Der Einsatz von Social Media Intelligence-Tools kann Unternehmen und Entscheidungsträger dabei helfen, immense Datenmengen mit größerer Geschicklichkeit und Genauigkeit zu sammeln, zu analysieren und zu nutzen.

 

Quellen

1 Cannabispraevention.de

2 Bundesministerium.de

3 Statista.de

4 Ptaheute.de

5 Bfarm.de

 

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Written by Malena Dolff Gonzalez

Malena is a digital marketing intern specialising in the NE and DE regions at the Paris Digimind office. She is half German and half Spanish and is currently pursuing a Bachelor with a focus on business and social psychology at University College London. Outside of the Digimind offices she enjoys cooking and traveling.